Mit dem Toyota durch Island

Zum Thema Individualreise von Tanja Frick, 28.02.2014 15:27 Uhr

Unser schönster Urlaub!

2012 waren wir bereits auf Island. Meinem Mann und mir hat es dort so gut gefallen, dass schnell fest stand, ein Jahr später nochmals die Insel zu besuchen.

Dieses Mal wollten wir jedoch unbedingt das Landesinnere erkunden und dadurch bedingt hat mein Mann einen 29 Jahre alten Toyota Land Cruiser mit Hochdach gekauft. Mit viel Liebe zum Detail und eine Menge Zeit hat er investiert, um den Innenraum auszubauen mit Schränkchen, integrierter Herdplatte, Minispüle, Kühlschrank, Lattenrost, Matratze etc. Wir wollten selbstständig sein und mit 2 Tankbehälter für 170 l Treibstoff und einem Wassertank von 100 l war dies gewährleistet.
Das Abenteuer begann und den ganzen Juli 2013 hatten wir Zeit dafür. Zuerst mal musste die 1300 km lange Autobahnstrecke durch Deutschland und bis zur Spitze Dänemarks zum Fährhafen bewältigt werden. Permanent wurden wir von anderen Autofahrern mit einer Leichtigkeit überholt, da schnelleres Fahren als 100 km/h nicht drin ist. Dann endlich nach weiteren 48 h auf der Fähre hatten wir isländischen Boden unter den Füßen.

Das erste Ziel im Süden war Jökulsarlon. Spektakuläre blaue und weiße Eisblöcke trieben auf einer Gletscherlagune, direkt neben der Ringstraße. 

Einsames Boot mit Eisberg

Selbst wer auf diese surreale Szenerie vorbereitet ist, reagiert im ersten Moment überrascht – viele erschrockene Autofahrer steigen erst mal in die Bremsen. Man musste höllisch aufpassen. Wir hatten das Glück ein Schauspiel beobachten zu können, als gerade mit viel Getöns ein einfamilienhausgroßer Eisblock um 90° zur Seite kippte und das Untere nach oben kam. Ein leuchtender Türkisbrocken kam dadurch zum Vorschein und alle, die das Schauspiel mit angesehen haben, entfuhr ein einstimmiges Oooohhhh!

Das erste Ziel im Landesinnere war Landmannalaugar. Erst mal volltanken, eine
Tankstelle gibt es dort nämlich nicht und den Reifendruck senken. Jetzt konnte unser Toyo seine Stärke zeigen. Diese Straßen sind für „normale“ Autos nicht erlaubt. Sie sind an den Straßenschildern mit F gekennzeichnet (F steht für four wheel). Hier sieht man die abenteuerlichsten Autos wie ausrangierte, umgebaute Bundeswehr- oder Feuerwehrautos oder LKWs…oder man ist stundenlang alleine unterwegs. Die ersten Furten (Bachüberquerungen), die wir queren mussten, waren Gott sei Dank „nur“ waden- bis knietief. Oft sprang ich bewaffnet mit der Kamera aus dem Wagen, watete durch das eiskalte Wasser, um vom anderen Ende aus dann meinen Mann zu fotografieren, wie er die Situation meisterte.
Endlich am Ziel. Landmannalaugar umfasst das größte Geothermalfeld Islands und hat ein hervorragendes Wandernetz.

Für ein -oder mehrtägige Wandertouren oder nur ein paar Stunden ist alles möglich. Wir unternahmen 2 wunderschöne, aber auch anstrengende Tagestouren. Hierbei tauchten wir ein in die wunderliche isländische ursprüngliche Landschaft. Die seltsam buntgefärbte Berggipfel bestehen aus mineralhaltiger Lava, die durch das langsame Abkühlen erstaunliche Färbung annahmen. An manchen Stellen zischte, gurgelte, blubberte und dampfte es, als ob die Entstehungsgeschichte noch nicht abgeschlossen ist. Bei der zweiten Wanderung war ein sehr starker und äußerst kalter Wind unser ständiger Begleiter. Ich hatte eine lange Unterhose, eine Fleecejacke, einen dicken Anorak, Handschuhe und Wollmütze auf. Da erreichte uns plötzlich eine SMS von unserer Tochter, die uns mitteilte, dass in Deutschland gerade eine totale Hitzewelle herrscht. Welch ein Kontrast!
Am selbigen Tag am Ende der Tour lernten wir ein erschöpftes Wanderpärchen kennen, die schon ein paar Tage mit dem Rucksack unterwegs waren. Jeder war beladen mit 30 kg Gepäck. Alles dabei: Zelt, Schlafsack und Essen. Sie gestanden uns mit den Worten: „S' war fei net emmer luschtig!“ Dankbar nahmen sie unsere spontane Einladung an, in unserem Toyo Tee zu trinken und Kekse zu essen. Anschließend gingen wir gemeinsam zum Baden in die nahe gelegene heiße Quelle. Es kostete sehr viel Überwindung, sich bei saukalter Witterung auszuziehen, um dann aber die Vorzüge eines „hot pots“ zu genießen. Von der heißen Quelle aus, konnte man das bizarre Treiben beobachten. Die einen huschten in Badehose und Handtuch bekleidet zur
200 m entfernten Dusche, die anderen liefen auf demselben Pfad in Daunenjacke, Mütze und Rucksack Richtung Berge. Dazwischen grasten unerschrockene Schafe – echt krass!

Weitere Highlights waren dann noch der riesige mit Wasser gefüllte 50 km Krater Askia. Es ist schwer, sich die Urgewalten vorzustellen, die ihn geschaffen haben – das Betrachten der Landschaft führt zu erschreckenden Gedanken über die Macht der Natur und die Bedeutungslosigkeit von uns winzigen Menschen.
On the road again - die Sprengisandur-Route (F26) hatte uns wieder. Zitat aus unserem Reiseführer Lonley Planet: „Bei Isländern ruft der Name Bilder von Geächteten, Geistern und langen Schafstrieben über die karge Ödnis hervor. Sie ist die längste Nord-Süd-Strecke und durchquert trostlose Ödlandmoore, die einem selbst heute noch im Allradfahrzeug Schauer über den Rücken jagen können!“
Stundenlang holperten wir also auf der Piste entlang, ohne einer Menschenseele zu begegnen, in dieser trostlosen Steinwüste. Die letzten Tage waren windig und warm. Doch da entdeckten wir plötzlich in weiter Ferne etwas Blinken. Beim Näherkommen konnte man 3 Autos ausmachen und dann erkannte man einen Ranger. Mein Mann stoppte, kurbelte die Fensterscheibe herunter und fragte, ob's ein Problem gäbe. Der Ranger überprüfte unsere Reifen, lief einmal um das Auto herum und sagte kurz: "No problem with your car!" Und ließ uns weiterfahren. Verwundert fuhren wir weiter. Bald darauf musste man eine Furt überqueren, aber das war keine Bachüberquerung wie
herkömmlich, das war in meinen Augen ein See.

Das war Überschwemmungs-gebiet. Ein Ausmaß jenseits meiner Vorstellungskraft dies je meistern zu können. Ich wollte, dass wir umdrehen. Mein Mann überzeugte mich, dass wir ja das Ok vom Ranger hätten, also fuhr er los. Gott sei Dank hatte er in letzter Minute vor Reisebeginn noch einen Schnorchel am Toyota angebracht, damit der Motor kein Wasser abbekam. Mir stockte der Atem. Das Wasser spritze frontal hoch über die komplette Frontscheibe. Tapfer rumpelte, stampfte und wühlte sich unser Cruiser durch das Wasser. Ja nicht anhalten, dass wäre jetzt fatal. Nach dem See war die Straße noch weitere 2 km ungefähr knietief unter Wasser. Er blieb nicht stecken. Mein Mann fuhr das Auto, als ob er noch nie was anderes getan hätte… und das Auto brummte und knatterte gleichmäßig, als ob's ihm auch Spaß machte. Später erfuhren wir, dass durch die Wärme der letzten Tage, die Gletscher stark geschmolzen waren und somit Hochwasser
herrschte. Als wir die F26 Straße verließen, waren bereits Warn- bzw. Verbotsschilder angebracht, die Straße zu meiden. Für die Fahrzeuge, die kein ok vom Ranger bekamen, bedeutete dies auf unbestimmte Zeit zu warten, ähnlich einer eingeschneiten Berghütte, oder einen mehrtägigen Umweg in Kauf zu nehmen. An jenem Abend feierten mein Mann und ich bei einem Glas Whiskey unser geglücktes Sprengisandur Abenteuer!

Auf der langen Heimfahrt dann, als wir wieder auf der Autobahn von vielen schnellen Autos überholt wurden, machte uns das gar nichts aus, im Gegenteil wir hatten ein breites Grinsen auf dem Gesicht und hingen unseren erlebten Abenteuern nach.